Im vergangenen Jahr wurden in Nordrhein-Westfalen 437 antisemitische Straftaten polizeilich erfasst. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen vom 1. Februar 2022 hervor. Die Anfang März erschienenen Zahlen zeichnen einen deutlichen Anstieg antisemitisch motivierter Straftaten in NRW im Vergleich zum Vorjahr (2020: 276).

Wie in der Vergangenheit wird die überwiegende Mehrheit der erfassten antisemitischen Straftaten in NRW dem Phänomenbereich „rechts“ zugeordnet (84%), wenngleich weniger als noch im Vorjahr (93%). Dies erklärt sich damit, dass die Fallzahlen im Phänomenbereich „ausländische Ideologie“ und der nicht-zuzuordnenden Straftaten prozentual stärker gestiegen sind, als der Bereich „rechts“.

Diese Entwicklung ist zumindest teilweise auf die Ereignisse im Mai 2021 zurückzuführen, als im Zuge des Konflikts zwischen Israel und palästinensischen Terrororganisationen in ganz Deutschland anti-israelische Kundgebungen veranstaltet wurden, im Rahmen derer auch zahlreiche antisemitische Straftaten begangen wurden. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass antisemitische Verschwörungsmythen, die sich im Kontext der Corona-Pandemie stark verbreitet haben, zu einem Anstieg antisemitischer Straftaten (etwa Volksverhetzungsdelikten) geführt haben.

Phänomenbereich20212020
PMK- rechts368256
PMK- nicht zuzuordnen194
PMK- links23
PMK- religiöse Ideologien38
PMK- ausländische Ideologien455
Gesamt437276

Die meisten antisemitischen Straftaten in NRW wurden in Meckenheim (bei Bonn) registriert (59), was sich jedoch mit rein statistischen Gründen erklären lässt: Antisemitische Straftaten im Internet, bei denen im Laufe der Ermittlungen kein spezifischer Tatort festgestellt werden konnte, werden ersatzweise dem Ort der polizeilichen Erfassung zugeordnet. Da sich in Meckenheim eine Außenstelle des Bundeskriminalamtes mit verschiedenen Staatsschutzabteilungen befindet, gilt die Kleinstadt als „Feststellungsort“ derartiger Straftaten.

Nach Meckenheim und Essen (34) folgt Köln mit 28 polizeilich erfassten antisemitischen Straftaten. Die in Köln begangenen antisemitischen Straftaten lassen sich in folgende Deliktgruppen aufschlüsseln:

Deliktgruppe2021
(gesamt)
2021
(1.Halbjahr)
Volksverhetzung134
Verstoß gg. §§ 86, 86a53
Beleidigungsdelikte42
Sachbeschädigung3
Bedrohungs-/Nötigungsdelikt22
Körperverletzung1

Bei den vier Beleidigungsdelikten handelt es sich in drei Fällen um „Beleidigung nach § 185“ und einmal um den Straftatbestand „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“.

In insgesamt 129 Fällen haben Staatsanwaltschaften in NRW öffentliche Klage erhoben, in 58 Fällen erfolgte eine Verurteilung. Es wurden keine Tatverdächtigen festgenommen.

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