Vom 7. Oktober zum 9. November:
Jeden Tag ein antisemitischer Vorfall in Köln

Nach dem Massaker der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung und dem Beginn der israelischen Gegenoffensive ist in Köln ein drastischer Anstieg von dokumentierten antisemitischen Vorfällen zu verzeichnen. Allein für den Zeitraum vom 7. Oktober zum 9. November erfasst die Meldestelle für antisemitische Vorfälle im NS-Dokumentationszentrum 37 antisemitische Vorfälle im Kölner Stadtgebiet. Im Durchschnitt verging somit kein Tag ohne einen (dokumentierten) antisemitischen Vorfall. Im Jahr 2022 wurden im gleichen Zeitraum neun Vorfälle dokumentiert. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die erfassten Vorfälle somit vervierfacht (+310%).

Bei den 37 dokumentierten Vorfällen handelt es sich um drei Angriffe, eine Bedrohung, sieben gezielte Sachbeschädigungen, eine Massenzuschrift und 25 Fälle von sogenanntem „verletzenden Verhalten“. Zur Kategorie „verletzendes Verhalten“ gehören auch die insgesamt zehn Versammlungen im Kölner Stadtgebiet, auf denen die Meldestelle antisemitische Vorfälle dokumentierte. Häufig wurden auf derselben israelfeindlichen Versammlung gleich mehrere antisemitische Äußerungen festgestellt – sowohl auf mitgeführten Plakaten als auch in Sprechchören und Redebeiträgen (dies wird in der Regel als ein Vorfall gezählt).

In 32 von 37 dokumentierten Vorfällen (87%) wurde im Rahmen des Vorfalls ein Bezug zum aktuellen Krieg in Israel hergestellt oder ein solcher Zusammenhang ist dem Vorfall immanent. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein antisemitischer Vorfall auf einer israelfeindlichen Demonstration dokumentiert wurde, die überhaupt erst anlässlich des aktuellen Krieges stattgefunden hat.

Wenig überraschend stellt der israelbezogene Antisemitismus die dominante Erscheinungsform innerhalb der dokumentierten Vorfälle dar (76%), gefolgt vom sogenannten Othering (19%), also wenn Jüdinnen und Juden als „fremd“ und „nicht zugehörig“ bezeichnet werden. In  14% der Fälle wurden Stereotype des Post-Schoa-Antisemitismus verbreitet (wenn beispielsweise die Schoa geleugnet, relativiert oder befürwortet wird). Schließlich wurden in 10% der Vorfälle dem modernen Antisemitismus zugeordnet; das
bedeutet, dass antisemitische Stereotype über Macht und Reichtum von Jüdinnen*Juden verwendet wurden. Da im Rahmen eines einzelnen Vorfalls häufig mehrere Erscheinungsformen von Antisemitismus geäußert werden, übersteigt die Summe der Angaben 100%.

Mit Blick auf die geografische Verteilung wurden mit 22 von 37 Fällen (59%) die Meisten antisemitischen Vorfälle in der Kölner Innenstadt dokumentiert. Allein vom 7. Oktober zum 9. November wurden aus acht von neun Stadtbezirken antisemitische Vorfälle gemeldet.

Chronik antisemitischer Vorfälle (7. Oktober – 9. November)

An dieser Stelle werden einige antisemitische Vorfälle, die seit dem 7. Oktober von der Meldestelle dokumentiert wurden, beispielhaft geschildert. Diese Beispiele sollen verdeutlichen, dass hinter den oben genannten Zahlen und Statistiken reale Menschen stehen, die ganz konkret in Köln von Antisemitismus betroffen sind.

9. November: Plakat in Schule (Innenstadt)

Im Eingangsbereich eines Kölner Gymnasiums wurde ein Plakat platziert, auf dem Israel vorgeworfen wird, einen „Genozid an Palästina“ zu verüben. Die deutsche Regierung würde diesen Genozid unterstützen und zwar „aus egoistischer Schuld“ und „Angst vor Kritik“ an Israel. Mit Blick auf den Staat Israel heißt es „Israel ist ein zionistischer Staat, und benutzt fälschlicherweise den jüdischen Namen als Waffe, lasst das nicht zu!“. Außerdem wird mit Verweis auf die NS-Zeit von Deutschland gefordert, „dieses mal auf der richtigen Seite der Geschichte“ zu stehen. In unmittelbarer Nähe zu dem gefundenen Plakat war zuvor ein „Bring-them-Home“-Plakat angebracht. Dieses wurde gewaltsam entfernt.

6. November: Antisemitische Schmiererei (Innenstadt)
An einer Rampe eines Skadeboard-Parks wurde der Schriftzug „From the river to the sea… [Palestine will be free]“ geschmiert. Mit dieser Parole wird das geografische Gebiet vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer – also das gesamte israelische Staatsgebiet – zu „Palästina”. erklärt, was de facto die Auslöschung des jüdischen Staates bedeutet. Hinzu kommt, dass eine positive Bezugnahme auf die Parole „From the river to the sea“ nach den Geschehnissen vom 7. Oktober einer Legitimation des antisemitischen Terrors der Hamas darstellt.

6. November: Übergriff nach Demonstration (Innenstadt)
Nachdem ein Mann am 6. November an einem Gegenprotest zu einer antiimperialistischen Kundgebung in Bahnhofsnähe teilnahm, wurde er von einer Gruppe Jugendlicher eingekreist und attackiert, wobei versucht wurde, ihm die Israel-Flagge zu stehlen. Einige Jugendliche riefen dabei „Free Palestine!“ und „Israel Terrorstaat!“, was eine Dämonisierung Israels darstellt. Die Gruppe flüchtete mit der Fahne in Richtung Hohe Straße. Der Betroffene und weitere Personen vom Gegenprotest nahmen die Verfolgung auf und es gelang ihnen, die Israelflagge zurückzuholen.

5. November: Plakate in Erinnerung an Hamas-Geisel abgerissen (Innenstadt)
In der Innenstadt wurden Plakate abgerissen, die an die rund 200 Menschen erinnern, die am 7. Oktober von der Hamas entführt wurden. Die Plakate gehören zu einer weltweiten Kampagne, die das Ziel verfolgt, den Verschleppten ein Gesicht zu geben und ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Situation der Geiseln zu fördern.

Zu sehen sind teilweise abgerissene Plakate von Menschen, die von der Hamas in den Gazastreifen entführt wurden

5. November: Fahnenraub und Pöbeleien gegenüber israelsolidarischer Kundgebung (Roncalli-Platz)
Auf der Solidaritätskundgebung (#BringThemHomeNow) auf dem Roncalli-Platz stand eine Person mit einer Israel-Fahne am Rande, von hinten versuchte eine Person diese gewaltsam zu entreißen. Der Täter wurde in Gewahrsam genommen, die Fahne konnte dem Betroffenen zurückgegeben werden. Darüber hinaus ereigneten sich weitere Zwischenfälle am Rande der Demo: Ein Mann beobachtete die Demonstration und antwortete auf einen hebräischen Ruf durch das Mikrofon mit den Worten: „Allahu Akbar!“. Eine Fußgängerin rief „Free Falestin!“. Ein weiterer Passant fixierte beim Vorbeigehen einen Demonstrationsteilnehmer lange Zeit bedrohlich in die Augen, zeigte den Mittelfinger zu zeigen und spuckte abwertend auf den Boden.

1. November: Israelbezogener Antisemitismus auf Demonstration (Heumarkt)
Auf dem Heumarkt findet eine israelfeindliche Demonstration statt, auf der wiederholt die Parole „Kindermörder Israel“ fiel. Auch „From the river to the sea“ wurde gerufen, obwohl dies per Auflage der Polizei verboten war.

29. Oktober: Israelfeindliche Demonstration (Innenstadt) 
Am vergangenen Sonntag versammelten sich erneut Hunderte Menschen am Breslauer Platz, um anschließend durch die Kölner Innenstadt zu ziehen. Am Ebertplatz traf der Demonstrationszug auf eine kleine Gruppe pro-israelischer Aktivist*innen, die auch eine Israelflagge dabei hatten. Die  pro-israelische Gruppe wurde von Hinten von einer Person angegriffen, die versuchte, die Israelfahne zu stehlen (siehe Video).

 

Mehrfach im Oktober: Israelflagge im Wohnumfeld mit Eiern beworfen (Mülheim) 
An mehreren Abenden wird die Israelflagge, die eine Frau aus Solidarität mit den von der Hamas ermordeten Menschen am Fenster/Balkon angebracht hatte, mit Eiern beworfen. Weitere Vorfälle dieser Art wurden auch aus den Stadtbezirken Porz und Innenstadt gemeldet.

Ein beschmiertes Fenster einer Wohnung, nachdem es von Unbekannten mit Eiern beworfen wurde.

Ein beschmiertes Fenster nach Eierwürfen © Fachstelle gegen Antisemitismus

22. Oktober: Antisemitismus auf israelfeindlicher Demonstration (Roncalli-Platz)
Am 22. Oktober wurde erneut eine israelfeindliche Demonstration abgehalten, diesmal in Bahnhofsnähe am Roncalli-Platz. Erneut wurden zahlreiche Aussagen verbreitet, die dem israelbezogenen Antisemitismus („Nieder mit der Apartheid!“) sowie dem Post-Schoa-Antisemitismus zuzuordnen sind („End the palestinian Holocaust!“). In einer Rede richtete sich eine junge Frau an Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Worten „Freuen Sie sich schon auf Geschichtsbücher, in denen der Name von Deutschland mal wieder auf der falschen Seite steht?“. Neben einer allgemeinen Feindschaft gegenüber der Presse („Deutsche Medien lügen, lasst euch nicht betrügen“), hielt auch eine Frau, die seit Jahren in der verschwörungsideologischen Szene in Köln aktiv ist, eine Rede, in denen sie antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet: „Auch in Deutschland sind wir nicht frei, wir sind hier geknechtet durch unsere Regierung, nicht nur in Deutschland, alle Regierungen weltweit! Es ist immer da oben die eine Elite, die bösen Menschen, das sind 13 Familien, 13 Blutlinien sind das, die über 8 Milliarden Menschen bestimmen, wollen wir das? Uns von den Mächtigen bestimmen lassen?“.

Plakat mit Aufschrift „Beendet den palästinensischen Holocaust“ © Fachstelle gegen Antisemitismus

22. Oktober: Demonstrant mit Israelfahne angespuckt (Innenstadt)
Neben der pro-palästinensischen Demonstration am Roncalli-Platz versammeln sich etwa 20 Menschen zu einer angemeldeten pro-israelischen Demonstration. Ein Teilnehmer, der eine Israelfahne um die Schultern trägt, wird von einem Jugendlichen angespuckt, nachdem sich dieser von hinten unbemerkt nähern konnte. Der Täter wird von der Polizei gestellt und erhält eine Anzeige.

Angespuckte Israelfahne eines Gegendemonstranten. © Fachstelle gegen Antisemitismus

22. Oktober: Schweigeminute gestört (Rhein-Energie-Stadion)
Vor Beginn der Partie zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach wird eine Schweigeminute für die Opfer des Hamas-Terrors durch Zwischenrufe gestört. Nur wenige Sekunden nach Beginn der Schweigeminute schreit eine Einzelperson laut in das stille Stadion „Freiheit für Palästina!“, wie auf einem Video festgehalten wurde.

Die Person, die das Video gefilmt und den Fall gemeldet hat, schildert außerdem, dass etwa eine halbe Minute nach Beendigung der Schweigeminute (nach Beendigung der Filmsequenz), eine Person, die sich zwei Reihen hinter ihm befand, folgende Aussage laut tätigte: „Scheiß Juden, immer diese Scheiß Juden“. Es mussten mehrere Personen die Aussage gehört haben, eine Person habe zaghaft widersprochen. Eine Anzeige wurde nicht gestellt.

21. Oktober: Israelfeindliche Demonstration (Heumarkt)
Am Samstagnachmittag versammeln sich um die 150 Personen am Kölner Heumarkt, um gegen die israelischen Luftschläge und die zu diesem Zeitpunkt anstehende Bodenoffensive Israels im Gaza-Streifen zu protestieren. Eine Demonstrantin zeigt ein Schild mit der Aufschrift „Der Holocaust passiert erneut und die Welt schaut zu!“. Auf einem weiteren Schild ist zu lesen: „The irony of becoming what you once hated”, womit offensichtlich suggeriert werden soll, Israelis oder Jüdinnen*Juden wären ‚die neuen Nazis‘. Ein kleiner Junge trägt einen Pullover mit der Aufschrift „From the river to the sea, Palestine will be free”. Hierbei handelt es sich um eine verbreitete Parole, die sich ein ‚freies Palästina‘ vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer wünscht, inklusive dem gesamten israelischen Staatsgebiet. Die Polizei hatte per Auflage verboten, diese Parole zu verbreiten, wogegen jedoch auch in Sprechchören widerholt verstoßen wurde. Die Gleichsetzung Israels mit dem Naziregime dient der Dämonisierung und Delegitimierung Israels. Sie bagatellisiert die Schoa und erklärt Überlebende und Opfer der Schoa sowie deren Nachkommen zu Täter*innen.

Schoa-relativierende Aussagen auf israelfeindlicher Demonstration

Schoa-relativierende Aussagen auf israelfeindlicher Demonstration

 

17. Oktober: Antisemitische Schmiererei (Mülheim)
Im Stadtteil Buchheim wird eine antisemitische Schmiererei auf dem Boden entdeckt.

Antisemitische Schmiererei

 

 

 

 

16. Oktober: Verschwörungserzählungen im Klassenzimmer (Innenstadt)
Am ersten Tag nach den Ferien kommt es in einer Klasse mehrfach zu antisemitischen Aussagen, sowohl im Klassenzimmer als auch im Pausenhof. So wird beispielsweise behauptet, dass „der Krieg von den Juden provoziert“ worden sei und diese entsprechend allein daran schuld trügen, „was in Palästina passiert“. Ein anderer Schüler geht noch weiter und behauptet: „Hinter den meisten Kriegen stehen immer Juden, sie machen Geld damit“. Außerdem wird mit Bezug auf den Holocaust gesagt, dieser sei passiert, „weil die Juden so viele Probleme machen“.

16. Oktober: Vernichtungsphantasien im Kiosk (Nippes)
Eine Kölner Jüdin betritt ein Kiosk, in dem gerade eine hitzige Diskussion zwischen einem Kunden und dem Kioskbesitzer geführt wird, bei der es offenbar um den Terror gegen Israel und die anschließenden israelischen Vergeltungsschläge geht. Die Meldende hört, wie der Kioskbesitzer den sichtlich aufgeregten Kunden mit den Worten zu besänftigen versucht: „Du musst aber beide Seiten sehen, die Hamas hat doch auch viele Menschen ermordet“. Daraufhin entgegnet der Kunde: „Inschallah werden die alle [Anm.: Israelis oder Juden] umgebracht“. Dem Kioskbesitzer ist die Aussage sichtlich peinlich und er befördert den Mann mit den Worten aus dem Kiosk: „Inschallah wird es bald Frieden geben!“. Nunmehr zu zweit im Kiosk wendet sich der Kioskbesitzer an die Meldende und gibt dieser zu verstehen, dass er in keiner Weise mit dem Kunden einverstanden ist.

14. Oktober: Israelin muss WG verlassen (Innenstadt)
Am Samstag erhielt eine israelische Frau eine Nachricht aus ihrer WG, in der ihr mitgeteilt wurde, dass sie die Wohnung nach Beendigung ihrer Untermiete verlassen müsse. Vor Beginn des Krieges in Israel wurde in der WG darüber diskutiert, ob sie nach dem Ende ihrer Untermiete in ein freies Zimmer ziehen könne, ein Vorschlag, der damals von niemandem abgelehnt wurde. Die nach dem Hamas-Angriff plötzlich erteilte Absage wurde mit der israelischen Herkunft der Frau begründet, sowie mit der Tatsache, dass die Israelin das Existenzrecht Israels nicht in Frage stellt. Wörtlich wurde der Betroffenen gesagt: „Ich weiß nicht, wie ich noch mit jemandem zusammenleben kann, der Israel unterstützt!“. Bei ihrem ersten Besuch in der WG erzählten ihre Mitbewohner bereits, dass sie in der WG „für ein freies Palästina“ eintreten, woraufhin die Israelin vorschlug, einfach nicht über das Thema zu sprechen. Die nun wohnungslose Frau fand eine kurzfristige Unterkunft bei Bekannte.

8. Oktober: Schoa-Relativierung in Messenger-Chat (Online)
In einer Messenger-Chatgruppe reagierte eine Person auf einen Hinweis auf die israelsolidarische Kundgebung vom 8. Oktober in Köln mit einer Gleichsetzung des Handelns Israels mit der Shoah („Israel hat mit Palästina genau das gleiche getan, wie es die Nazis mit den Juden getan haben“). Bereits zuvor hatte die Person im Chat in Frage gestellt, dass Israel Opfer eines Terrorangriffs wurde, und dafür Unterstützung von mehreren Chat-Teilnehmenden erhalten.

7. Oktober: Beleidigung in der U-Bahn (Lindenthal)
In einer fahrenden U-Bahn beleidigt ein offenbar betrunkener Mann einen anderen Fahrgast widerholt mit den Worten „Scheiß Juden“. Der Vorfall ereignete sich am späten Nachmittag des 7. Oktobers. Es bleibt unklar, inwiefern ein Zusammenhang zu den Anschlägen auf die israelische Zivilbevölkerung in den frühen Morgenstunden desselben Tages besteht.

    Neben den hier geschilderten Ereignissen wurden zahlreiche weitere Vorfälle gemeldet, auf die an dieser Stelle aus Gründen des Betroffenenschutzes nicht weiter eingegangen werden kann.

    Rückblick: Terrorverherrlichung schon in den Vorjahren
    Der sprunghafte Anstieg von Meldungen und antisemitischen Vorfällen in Deutschland vor dem Hintergrund des arabisch-israelischen Konflikts ist kein neues Phänomen. Dies lässt sich – beispielsweise mit Blick auf die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und palästinensischen Terrororganisationen in den Jahren 2014 und 2021 – auch für Köln belegen.

    Neben zahlreichen antisemitischen Vorfällen, die die Meldestelle auf einer pro-palästinensischen Demo im Mai 2021 auf dem Kölner Heumarkt dokumentierte, kam es auch zu Gewalt- und Terrorverherrlichung im öffentlichen Raum: So beteiligten sich zahlreiche Demonstrationsteilnehmer an einem Sprechchor auf Arabisch, in dem sie Terroranschläge gegen Israel propagierten und dabei klar und deutlich ihre ideologische Zugehörigkeit zur Hamas offenbarten („Wir sind alle Männer von Mohammed Deif!“). Bei Letzterem handelt es sich um den Militärführer der Hamas, der auch das jüngste Massaker gegen die israelische Zivilbevölkerung zu verantworten hat.

    Fazit
    Auch wenn der Mechanismus, wonach ein Konflikt in Nahost schnell auch für Jüdinnen*Juden in Köln spürbar wird, an sich nichts Neues ist, stellt die aktuelle Situation zweifellos eine Zäsur dar. Die statistische Auswertung und die in der Chronik veröffentlichten Beispiele machen deutlich, dass sich die Geschehnisse in Israel und dem Gazastreifen seit dem 7. Oktober ganz konkret auch in Köln auswirken. Nicht erst seit dem Hamas-Massaker in Israel sehen sich Jüdinnen und Juden vermehrt dazu gezwungen, auf öffentlich getragene jüdische Symbolik zu verzichten, was de facto mit einem Prozess des Unsichtbar Werdens jüdischen Lebens in Köln einhergeht.

    Immer wieder wurde auf antiisraelischen Demonstrationen in Köln dezidiert Antisemitismus verbreitet. Hier lässt sich grundsätzlich feststellen, was auch für das restliche Bundesgebiet gilt: Auf israelfeindlichen Demonstrationen wird Israel die Schuld an den Angriffen der Hamas gegeben, der antisemitische Terror wird legitimiert, eine Täter-Opfer-Umkehr wird betrieben und der einzige jüdische Staat der Welt wird massiv dämonisiert und delegitimiert.

    Die Bilder der Demonstrationen erhöhen verständlicherweise das Bedrohungsempfinden von Jüdinnen und Juden; auch in Köln befindet sich die jüdische Gemeinschaft zweifellos in einem Ausnahmezustand. Zum einen werden sich die Gräueltaten vom 7. Oktober 2023 – dem Tag mit den meisten jüdischen Todesopfern seit 1945 – noch lange in Form extremer psychischer Belastungen auswirken. Hinzu kommt bei vielen Kölner Jüdinnen*Juden auch die konkrete Sorge um die Sicherheit von Angehörigen in Israel hinzu. Die Sorge um die eigenen Freunde oder Verwandten in Israel auf der einen Seite und steigenden Antisemitismus hier in Köln auf der anderen Seite wird für viele Betroffene zur doppelten Belastung. Zweifelllos verdeutlichen bereits die bis zu diesem Zeitpunkt dokumentierten Vorfälle in Köln, in welchem Ausmaß die Terrorangriffe und Massaker der Hamas den Alltag von Jüdinnen*Juden auch in Köln prägen.

    Umso wichtiger ist es nun, dass sich die Stadtgesellschaft aktiv gegen Antisemitismus und gegen den Terror der Hamas ausspricht und sich solidarisch mit der jüdischen Gemeinschaft in Köln zeigt. Wer antisemitische Vorfälle erlebt oder mitbekommen hat, kann diese über das bundesweite Meldeportal (www.report-antisemitism.de) melden.

    Der Verantwortliche für die Kölner Meldestelle für antisemitische Vorfälle kann unter folgender Email-Adresse kontaktiert werden: daniel.vymyslicky@stadt-koeln.de